Städtisches Gymnasium Ahlen

Schule im Herzen der Stadt

Die Opfer des NSU

Die Ausstellung „Die Opfer des NSU und die Aufarbeitung der Verbrechen“ öffnete vielen die Augen.

Die SV organisierte in diesem Jahr eine Führung durch die Ausstellung „Die Opfer des NSU und die Aufarbeitung der Verbrechen“, an dem vielen Klassen und Kurse der Ober- und Mittelstufe teilnahmen. Die Ausstellung wurde in den Jahren 2012 und 2013 von Birgit Mair im Auftrag des Instituts für sozialwissenschaftliche Forschung, Bildung und Beratung (ISFBB) e.V. erstellt und seitdem mehr als 200 Mal bundesweit gezeigt. Sie setzt sich mit den Verbrechen des NSU in den Jahren 1999 bis 2011 sowie der gesellschaftlichen Aufarbeitung nach dem Auffliegen der neonazistischen Terrorgruppe im November 2011 auseinander.

Am Anfang der Führung bekamen die Schüler etwas zu den Biografien der zehn Ermordeten zu hören, sowie zu den Bombenanschlägen in Nürnberg und Köln, bei denen unschuldige Menschen teilweise lebensbedrohlich verletzt wurden. Auch die Verbindungen neonazistischer V-Leute verschiedener Verfassungsschutzbehörden mit im Münchner NSU-Prozess Angeklagten wurden skizziert. Während der Führung setzte man sich auch mit der Frage, warum die Mordserie lange nicht aufgedeckt wurde wie auch mit dem gesellschaftspolitischen Umgang mit dem Themenkomplex auseinander.

Die Ausstellung löste bei den Schüler*innen, von denen viele zum ersten Mal mit den Verbrechen des NSU konfrontiert wurden, auf großes Interesse und Betroffenheit. „Ich hätte nicht gedacht, dass so etwas bei uns geschehen konnte.“ fasst ein Schüler seine Eindrücke in Worte.

„Ich hatte so viel Wut im Bauch…“ – Im Gespräch mit Tugsal Mogul über sein Theaterstück „Auch Deutsche unter den Opfern“

Tugsal Mogul besuchte das Städtische Gymnasium und erzählte den Schülern der Oberstufe etwas über sein Theaterstück „Auch Deutsche unter den Opfern“, welches auf den Verbrechen des NSU im Zeitraum von 1998 bis 2011 beruht und die Ermittlungen und den Umgang mit den Angehörigen thematisiert. In seinem Stück kritisiert er vor allem die vielzähligen Ermittlungsfehler, die seitens der Polizei und des Verfassungsschutzes gemacht wurden. Das Gespräch wurde von der Schülersprecherin Laura Abramczyk und dem SV-Mitglied Julius Knaup geführt. Diese befragten Herrn Mogul zu seinem Werdegang und seine Liebe zum Theater. Aber auch Themen wie der NSU Komplex, das Versagen des Staates bei der vollständigen Aufklärung der Taten und allgemein Rassismus und das Erstarken der rechten Szene wurden besprochen.

Mogul erzählte den Schülern, dass er seine Liebe zum Theater bereits im Alter von 14 Jahren entdeckt hatte und sich nach dem Abitur dafür entschied, Medizin und gleichzeitig auch Schauspiel zu studieren. So arbeitet er heute als Arzt im Krankenhaus und schreibt nebenher eigene Theaterstücke und führt sie in Münster auf. Sein Stück „Auch Deutsche unter den Opfern“ wurde 2015 in Münster uraufgeführt und beschäftigt sich mit der Frage, ob die Ermittlungen anders gelaufen wären, wenn die Opfer nicht Migranten und die Täter Deutsche gewesen seien. Das Stück war Moguls Art seiner „Wut im Bauch, die sich seit Jahren angestaut hatte“ einen Ausdruck zu verleihen und der Gesellschaft eine Stimme zu geben, die nicht verstehen kann, warum so viele Vorurteile und Ignoranz in den Ermittlungen steckten. Er verfolgte in den ersten 9 Monaten den Gerichtsprozess um den NSU Komplex und war anwesend vor Ort in München. Sein Stück beruht auf den Tatsachenberichten und seinen Beobachtungen während der Prozesse und zeichnet sich dadurch aus, dass er nichts verschönt oder dazu gedichtet hat. Am Ende seines Stückes ging er zudem darauf ein, dass nicht nur Migranten Opfer rechter Gewalttaten werden, sondern auch Homosexuelle, Menschen mit Behinderungen oder Obdachlose. Es wurde jedoch immer nur von „Einzeltätern“ gesprochen und keinem Netzwerk, keiner Ideologie. Mogul deutete an, dass es eine gefährliche Entwicklung sei, die Taten so zu vereinfachen, und einfach zu ignorieren, dass wir ein gesellschaftliches Problem mit dem Rechtsextremismus haben.

Auf die Frage von Laura Abramczyk, ob er selbst Erfahrungen mit Diskrimierungen gemacht hatte, antwortete Mogul, dass es immer wieder Situationen gebe, in denen er als Arzt diskriminiert werden würde. Auch in der Schauspielerei wäre er von den üblichen Stereotypisierung nicht ausgenommen. So käme es immer wieder vor, dass er nur Rollen angeboten bekäme, in der er einen Migranten spielt. Obwohl er hauptberuflich Arzt ist, sei man im Theater oder im Film noch nicht so weit, dass er dort auch einen Akademiker spielen kann. Noch zu festgefahren seien die Rollenverteilungen in unserer Gesellschaft. „Wir müssen uns gesellschaftlich weiterentwickeln, sensibler werden, stärker unsere Vorurteile aufdecken und sich seiner eigenen Vorurteile auch bewusstwerden“.

 

Vita

„Tuğsal Moğul wurde 1969 in Neubeckum geboren. Der diplomierte Schauspieler, Regisseur, Anästhesist und Notarzt studierte neun Jahre parallel Medizin an den Universitäten Hannover, Wien und Lübeck sowie Schauspiel an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover. Neben seinem Halbzeitjob in einem Lehrkrankenhaus in Münster spielt Moğul in diversen Filmen und Theaterstücken mit und arbeitet als Autor und Regisseur.

Sein Debütstück HALBSTARKE HALBGÖTTER wurde 2011 zum Heidelberger Stückemarkt eingeladen. In ihm kommen Ärzte zu Wort, in SOMNIA hingegen Patienten auf einer Intensivstation und in DIE ANGEHÖRIGEN schließlich Angehörige von Schwerkranken. Die Stück-Trilogie entstand in Zusammenarbeit mit seinem Ensemble Theater Operation. Im März 2013 hatte sein Stück DIE DEUTSCHE AYSE am Theater Münster Premiere. Die Produktion wurde bei den NRW-Theatertagen 2014 mehrfach ausgezeichnet, sie wurde zum TALKING ABOUT BORDERS Festival in Nürnberg und zu MADE IN GERMANY in Stuttgart, sowie zu zahlreichen weiteren Gastspielen eingeladen. Das 2015 entstandene Rechercheprojekt AUCH DEUTSCHE UNTER DEN OPFERN ist zu den Autorentheatertagen Berlin 2015 eingeladen. Tuğsal Moğul arbeitet unter anderem auch am Staatstheater Karlsruhe und am Ballhaus Naunynstrasse.“

Quelle: Theater Münster


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