Städtisches Gymnasium Ahlen

Schule im Herzen der Stadt

Welt-Ethos Schule

Ernennung zur Weltethosschule

In einer feierlichen Zeremonie wurde unserer Schule der Titel "Weltethos-Schule" verliehen.

Brücken bauen durch gegenseitige Achtung.

©Matt

Mit einer Feierstunde in der Aula haben Schüler, Eltern und Lehrer des Städtischen Gymnasiums die Ernennung zur „Weltethos-Schule“ begangen. Zahlreiche Gäste  hatten sich zu der Verleihung eingefunden, die vom Schulorchester unter Leitung von Peter Dermann musikalisch gestaltet wurde.

Unter den Gästen waren Walter Lange, Referent der Stiftung Weltethos, Bürgermeister Dr. Alexander Berger, Werner Fischer für das Forum Brüderlichkeit sowie Pfarrer Willi Stroband. Nach der Begrüßung durch die kommissarische Schulleiterin Dr. Anne Giebel, die besonders Lehrer Dominik Gerwens für sein Engagement in Sachen Weltethos dankte, lobte der Bürgermeister die kulturelle Vielfalt, die an der Schule gelebt werde.

In Ahlen als Stadt mit vielen Kulturen und Nationalitäten sei Toleranz ein wichtiger Faktor in der Gesellschaft. „Ich wünsche mir, dass auch andere Schulen der Stadt den Titel ‚Weltethos-Schule‘ anstreben“, so Dr. Berger.

Weltethos-Referent Walter Lange beklagte in seiner Festrede die aggressive Sprache auf Schulhöfen und in Medien. Hass und Geringschätzung sprächen aus ihr, Kränkungen und Ausgrenzungen seien die Folgen. Längst gebe es bei den Beschimpfungen die Extreme „Rassist“ und „Linksversiffter“. „Wenn 140 hingerotzte Zeichen auf Twitter das Maß der Kommunikation bestimmen, wird die Gesellschaft gespalten, wie man es in den USA gerade sieht“, so Lange weiter.

Die „Weltethos-Schulen“ zeichne interkultureller und interreligiöser Dialog in allen Fächern aus, außer im Religionsunterricht, wo jede Konfession bislang ihr eigenes Süppchen koche.

Aus dem Ahlener Tageblatt: von Lisa Voss-Loermann vom 06.02.2017 / Foto: ©Matt

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Fotos: ©Matt

Auszeichnung des Städtischen Gymnasiums als WE-Schule

FESTREDE VON WALTER LANGE


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2017

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Frau Dr. Giebel, verehrte Gäste, liebe Schulgemeinde,

Erste Erinnerung: als ich fast auf den Tag genau vor einem Jahr vor der Lehrerkonferenz die Idee »Weltethos Schule« vorzustellen hatte, da hatten es sich einige Kolleginnen und Kollegen bequem gemacht: Weltethos Schule betrifft uns nicht, das ist etwas für die Religions-, für die Ethik- und Philosophie-Lehrer*innen an unserer Schule.

Ich muss sie aufgeschreckt haben. Denn anschließend begann eine Debatte über die Frage »Wollen wir wirklich WE-Schule werden?«.

Das Kollegium hat sich auf den Weg gemacht und am Ende - ich gestehe für mich überraschend – entschieden: »Ja wir wollen Weltethos Schule werden.«

Als ich im November hier war, um noch einmal über die Bewerbung zu sprechen und anschließend meine Bewertung abzugeben, stellte ich zu meiner Freude fest, wie sehr an dieser Schule die Schüler*innen in diesen Prozess eingebunden sind. Dank ihres Engagements hat mich Frau Dr. Giebel gebeten, die Ausstellung in diesem Jahr zum zweiten Mal zur Verfügung zu stellen. Das habe ich bisher noch nicht erlebt. Wir lernen: An diesem Gymnasium geht Weltethos alle an!

Zweite Erinnerung:

Der Fall ging durch die Presse: Aus religiösen Gründen verweigerte ein muslimischer Schüler seiner Lehrerin den Handschlag. Die Schulleiterin akzeptierte die Entscheidung des Schülers. Das allerdings führte zu großer Unruhe in der Schule und dazu, dass mehrere Lehrer dem Abiball aus Protest fernblieben.

Der Muslim Ahmet Mansour, Autor von Generation Allah, bemerkt: »Ich finde es gut, dass auch solche Vorfälle endlich an medialer Aufmerksamkeit gewinnen. Sie sind schon längst weit verbreitet und führen unter anderem in der Pädagogik zu vielen Herausforderungen. Es ist Zeit für eine grundsätzliche Debatte über diesen Wertekonflikt. Für unseren sozialen Frieden ist sie … existenziell.«

Er schreibt weiter, dass für die, die versuchen, ihre islamistische Ideologie mit Gewalt und Angst durchzusetzen, die Polizei und die Sicherheitskräfte zuständig seien. »Aber für eine andere, viel größere Gruppe sind wir alle zuständig … Es sind Jugendliche, die vielleicht zwar den Salafismus ablehnen, aber die Werte unserer Gesellschaft und unserer Demokratie nicht teilen.

- Dass Frauen und Männer gleichberechtigt sind
- oder dass Eltern ihre Kinder ohne Gewalt erziehen müssen, stellen sie für sich selbst in Frage;
- sie nehmen sich die Freiheit, allein über ihre eigenen Lebensmaximen zu entscheiden, auch über ihr Sexualverhalten und den Umgang mit ihrem Partner.«

Mansour nennt diese Gruppe „Generation Allah“ und meint damit diejenigen, für die ideologische Inhalte und Werte wie selbstverständlich Teil ihrer Identität geworden sind. »Mitunter mögen es nur Bruchstücke eines Weltbildes sein, aber bereits diese legen den Grundstein für ein Denken, das leicht in Islamismus umschlagen kann: Es bildet sich eine Persönlichkeit heraus, die viel mit patriarchalischen Strukturen, mit einer tabuisierten Sexualität, mit strengen Geschlechterrollen zu tun hat.»

Für Mansour ist die Schule der zentrale Ort für diese Aufklärungsarbeit.

Dritte Erinnerung:

Im September hat der Bayerische Lehrerverband Alarm geschlagen, weil sich

auf den Schulhöfen zunehmend eine aggressive, hasserfüllte Sprache verbreite.

»Wir Lehrerinnen und Lehrer und viele Pädagogen beobachten mit größter Sorge, wie sich die Stimmung, die Kommunikation in den sozialen Netzwerken und die alltäglichen Umgangsformen in unserer Gesellschaft verändern.

Wir erleben eine Aggressivität, eine Sprache des Hasses, der Geringschätzung und Diskriminierung, persönliche Beleidigungen, bewusste Kränkungen und Ausgrenzung in Wort und Handeln.

Diese Verrohung des Umgangs miteinander wirkt sich auch auf unsere Kinder und Jugendlichen aus. Als Lehrerinnen und Lehrer, die täglich mit allen Kindern und Jugendlichen dieser Gesellschaft arbeiten, sehen wir uns deshalb in der Pflicht, auf diese Entwicklung hinzuweisen und ihr entgegenzuwirken.«

Wie dramatisch die Situation ist, zeigt ein Artikel von Joachim Bittner auf Zeit-online vom 5. Januar 2017:

»Was mittlerweile viele Twitter- und Facebooknutzer betreiben, fällt in die Abteilung Political Profiling. Ein oberflächlicher Blick genügt und der Andere ist einsortiert und des Platzes verwiesen. Zwei grobe Kategorien stehen beim Schnellcheck zur Auswahl: Rassist und Linksversiffter.

Das ist eine bedrohliche Entwicklung. Immer mehr Deutsche werden einander zu

Meinungspolizisten, die voreilige Schlüsse übereinander ziehen. Die Ungerechtigkeiten, die sie sich mit 140 oft hingerotzten Zeichen an die Köpfe werfen, erzeugen Wut – und diese Wut erzeugt die nächste Ungerechtigkeit. Wenn sich dieser Trend fortsetzt, droht diesem Land eine Spaltung, bei der am Ende jeder verliert.« So Joachim Bittner.

Der bayerische Lehrerverband beschließt seinen Aufruf mit diesen Worten:

»Wir wollen, dass unsere Kinder in einer weltoffenen Gesellschaft leben. Unsere Kinder sollen Respekt, Wertschätzung und Interesse für die anderen Menschen erleben und leben - unabhängig davon, welcher Religion sie angehören, welche Hautfarbe sie haben, welche Muttersprache sie sprechen und welche Meinung sie vertreten.

Als besorgte Lehrerinnen und Lehrer appellieren wir deshalb an alle, unsere Gesellschaft vor Spaltung, Brutalität, Rücksichtslosigkeit und Radikalisierung zu schützen und so unsere Demokratie zu bewahren. Lassen wir uns nicht einschüchtern und setzen wir uns selbstbewusst und kompromisslos ein.«

Ich füge hinzu: Wir wollen, dass unsere Schüler*innen die dritte Weisung der Erklärung zum Weltethos ernst nehmen: Rede und handle wahrhaftig! Im Augenblick wird diese Weisung ins Gegenteil verkehrt. Statt Wer lügt, verliert gilt: Wer lügt, gewinnt!

Vierte Erinnerung: Vor drei Jahren waren Verantwortliche der Stiftung zu einem Workshop bei der Bosch Stiftung eingeladen, die jedes Jahr den deutschen Schulpreis vergibt. Wir wurden als Stiftung gefragt, was Weltethos Schule von einer Unesco Schule oder von einer Schule ohne Rassismus unterscheide. Meine Antwort: der interkulturelle und interreligiöse Dialog.

Ich stelle fest: dieser Dialog wird an dieser Schule und an vielen Schulen jeden Tag praktiziert, und zwar in den Fächern wie Deutsch, Geschichte, Gesellschaftslehrer usw., also dort, wo Schüler*innen gemeinsam unterrichtet werden. Nur dort, wo er eigentlich hingehört, findet er nicht statt: im Religionsunterricht. Dort wird an vielen Schulen, besonders an Gymnasien, weiterhin getrennt zwischen evangelisch und katholisch.

Inzwischen gibt es etwas Neues: Die beiden großen Kirchen haben eine Vereinbarung über »Konfessionelle Kooperation im Religionsunterricht« unterschrieben. Und dafür beglückwünschen sie sich gegenseitig.

Meine Antwort: 30 Jahre zu spät. Die Wirklichkeit an unseren Schulen sieht doch ganz anders aus. Ein Blick in die Sekundarschule Ahlen hilft. Deshalb: Wo bleiben die Schüler*innen, die einen anderen Glauben haben, die sich als Atheisten verstehen? Ist dafür allein das Fach »Praktische Philosophie« zuständig?

Die Religionslehrer*innen sind fein raus. Konkret: An einem Gymnasium im Ruhrgebiet wird der RU nach Vorschrift erteilt. Im Jahrgang 6 nehmen von 180 Schüler*innen 15 am RU teil.

Ich schließe mich erneut Ahmet Mansour an, der Anfang des Jahres gefragt hatte:

»Ist es nicht ohne­hin Wahnsinn, Schüler*innen nach Konfessionen zu trennen? Was soll das bewirken, in einer modernen, offenen und globalen Gesellschaft?«

Das Hamburger Modell des Religionsunterrichts für alle macht vor, wie es gehen kann: Es handelt sich weiterhin um bekenntnis­gebundenen Religionsunterricht nach Artikel 7 des Grundgesetzes, der sich an alle Schüler*innen, egal welchen Glaubens, richtet. Bei diesem interreligiösen Ansatz erfahren Kinder voneinander, übereinander und erleben direkt in ihrer Gruppe die Vielfalt des Glaubens.

»Das wäre der beste Schutz gegen Intoleranz«, so Evelyn Finger vor kurzem in der ZEIT. »Wer Religion lernt, während neben ihm einer sitzt, der anderes oder gar nichts glaubt, dem wird man später nicht mühsam eintrichtern müssen, was Toleranz ist …

Religion lehrt, dass es Größeres gibt als uns selbst. Religionskritik lehrt, dass dieses Größere verneint werden darf. Wer beides lernt, ist fähig zur Religionsfreiheit, ohne die es kein friedliches Miteinander der Kulturen geben wird: unbehelligt glauben oder nicht glauben dürfen.«

Wer sich als WE-Schule auszeichnen lässt, ist bereit, sich auf den Weg zu machen, offen zu sein für die Zeichen der Zeit und entsprechend zu reagieren. Ich bin sicher, dass das Städtische Gymnasium Ahlen dazu bereit ist.

Walter Lange



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